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Edmund Schönenberger

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Weil es Uns so gefällt

 
Die Schweiz und ihr Bundesgericht...

  

• Edmund Schönenberger ist am 6. August 2023, 81-jährig, verstorben. Er möge in Frieden ruhen. Als Webmasters verneigen wir uns vor ihm, gemeinsam mit den Teams der Hostingcenters sowie der Schützer gegen schweizer Zensur. Denn seine Webseiten, Texte und Erkenntnisse werden weiterleben, seine Akten sind sichergestellt und werden durch uns auch künftig in alle Welt publiziert und verbreitet werden. Nur die ganze Wahrheit. Irgendwann wird das Volk erwachen.

  

 

  • Das Bundesgericht steht mit ziemlich abgesägten Hosenbeinen da, wenn man seinen Rechenschaftsbericht 2001 genauer unter die Lupe nimmt...

 

 

Wo auch immer ich mich auf Erden bewege, kommen die Leute ins Schwärmen, wenn über die Schweiz gesprochen wird. In jenem Land scheinen Milch und Honig zu fliessen. Der gewöhnliche Nichtschweizer schätzt vor allem Mutter Helvetias Schokolade, die ausländische Geschäftswelt lobt die Zuverlässigkeit, mit welcher jegliche Arten von Transaktionen, vorab finanzielle, erledigt werden. Allgemein gerühmt wird eine perfekt funktionierende Ordnung. Natürlich wissen die meisten nicht, dass deren Einhaltung in letzter Instanz diskret vom schweizerischen Bundesgericht überwacht wird. Sie haben ja auch noch nie mit ihm zu tun gehabt.

 

Vom Pech getroffen, bald 40 Jahre lang als Jurastudent, Gerichtsschreiberling und Advokat aus ebenderselben Justizküche verköstigt worden zu sein, fällt mir dann das zweifelhafte Vergnügen zu, den Schwärmern die Kehrseite der Medaille zu offenbaren.

 

Als erstes lasse ich jeweils die schweizerische "Demokratie" wie eine Seifenblase zerplatzen:

 

Definitionsgemäss kann nämlich als der Souverän nur gelten, wer sämtliche Machtmittel kontrolliert. Das Medium, welches unbestreitbar die Welt regiert und alle antreibt, heisst Geld. Der scharfe Blick in die schweizerische Bundesverfassung deckt schonungslos auf, dass eben gerade nicht das zum "Souverän" deklarierte Volk die seit Adam und Eva gehorteten und über die jährlich abgepressten Zinsen und Zehnten ins Unvorstellbare gesteigerten Vermögen besitzt, nein, die Verfügungsmacht über die astronomischen Summen bleibt ausdrücklich einer kleinen Schar von Eigentümern vorbehalten.

 

Nicht nur faktisch, sondern sogar von Verfassungs wegen präsentiert sich die Schweiz somit einwandfrei als Diktatur der Reichen, als Musterplutokratie. Ein jämmerliches Volk von Bettlern hütet den Thron, übers Ohr gehauen und geknechtet von den mit dem Reichsschatz durchgebrannten Herren! [1]

 

 

Des AHA-Effekts kann ich sicher sein. Füge ich noch maliziös hinzu, dass ich konsequenterweise meinen eigenen Freistaat ausgerufen habe - mein Territorium ist von der Grösse einer Schuhsohle, ständig wandeln sich die Grenzen meines Reiches - habe ich die Schmunzler prompt auf meiner Seite. Es geht dann meistens alles sehr schnell und meine Gesprächspartner sind regelrecht erleichtert, nun ebenfalls zu wissen, dass auch in der alpengermanischen Plutokratie nicht alles Gold ist, was glänzt.

 

 

Der Geschäftsbericht des

schweizerischen Bundesgerichts

 

Nicht weniger einfach ist es, das schweizerische Bundesgericht von seinem hehren Sockel zu stürzen. Es genügt, jeden beliebigen seiner Geschäftsberichte in die Hand zu nehmen. Halten wir uns für diesmal an den letzten verfügbaren aus dem Jahre 2001.

 

Die hohen Richter stöhnen darin über die Last der Geschäfte und über die zu leistende Fliessbandarbeit. [2]

 

Ach die Armen!

 

Ich habe zeitlebens in keinem der Gerichtshäuser den Eindruck gewonnen, das Personal hetze von Fall zu Fall. Sprichwörtlich trifft das Gegenteil zu: Die Mühlen der Justiz mahlen äusserst langsam...

 

Und das bestätigen die Zahlen auch eindrücklich. So erfährt man, dass von den 5047 vom Bundesgericht im Jahre 2001 erledigten Fällen 466 von den nebenamtlichen Richtern vorbereitet worden sind. Sie haben dafür 1036 Arbeitstage und ergo 2,22 Tage pro Fall aufgewendet. [3]

Auf die restlichen 4581 Fälle haben sich 30 Bundesrichter und 94 Gerichtssekretäre gestürzt. Als Wohlinformierter weiss man, dass pro Dossier meistens nur einer die Hauptarbeit leistet. Die andern pflegen ihm jeweils kollegial zuzunicken (Zirkulationsweg 2728, vereinfachtes Verfahren in Dreierbesetzung 1741, Präsidialverfahren 456, Sitzungen 122 (Schluck!)). [4]

 

Nehmen wir an, dass die 124 vornehmlich Mannen während 45 Wochen je 5 Tage lang hart geschuftet haben, so ergeben sich 27900 Arbeitstage. Rechnet man jetzt die 4581 Fälle mit dem uns schon bekannten Faktor 2,22 hoch, purzeln lediglich 10169 Arbeitstage heraus. Was zum Teufel treibt man denn am Bundesgericht die restlichen 17731 Tage?

 

Ja eben, man klagt über die ächzende Arbeitslast!

 

Wenn wir den Jammernden noch weiter auf den Zahn fühlen, wird sofort klar, dass die Gewaltunterworfenen gar keine besseren Richter verdienen: 2466 Beschwerden sind abgewiesen, auf 1402 ist nicht eingetreten, 563 sind abgeschrieben und gerade mal lumpige 610 (12.1%) sind gutgeheissen worden. [5]

 

Von welchen Affen werden denn die schweizerischen Untertanen gebissen, dass sie 88 von 100 Malen vergeblich ans Bundesgericht rennen? Welch´ sinnlose Verschleuderung kostbarer Zeit und Energien!

 

 

Die Norm, die über allen Normen weht!

 

Um herauszufinden, was das Bundesgericht unter Fliessbandarbeit versteht, brauchen wir uns bloss mit einer seiner vielen Methoden zu beschäftigen, seine Kunden ins Messer laufen und ihr Herzblut verspritzen zu lassen. Wir bedienen uns hiezu des im Geschäftsbericht erwähnten Internets, auf welches "zur Gewährleistung der Transparenz der Rechtssprechung" 51,2% der Fälle aufgeschaltet worden sein sollen. [6]

 

Geben wir in die Suchmaske den Art. 90 Abs. 1 lit. b OG [7] ein. Bekanntlich können mit diesem Beschwerden abgemurkst werden, weil sie ungenügend begründet worden seien. Aber Obacht! Bei der Recherche kannst Du grau werden und es ist dringend angezeigt, Dir die Empfehlungen zu vergegenwärtigen, welche verhindern, dass Du am Apparat Deine Gesundheit verschandelst. Wir sind nämlich nach endlosem Drücken beim 500. Resultat angelangt und noch immer bleibt die Relevanz - angezeigt durch gelbe Farbe - maximal. So kommen wir nicht weiter. Die Maschine spuckt auch die Meldung aus, die "Anfrage (sei) zu lang oder zu komplex..." Es gilt, die Suche auf kürzere Perioden einzugrenzen. Auf solche Weise düfteln wir durch noch endlosere Klickerei heraus, dass vom 1.1.2000 bis 15.9.2002 Art. 90 Abs. 1 lit. b OG sage und schreibe 1197 (eintausendeinhundertsiebenundneunzig) Male drangsaliert worden ist. Eine Recherche bei den nicht "transparent" gemachten restlichen Fällen dürfte wohl noch katastrophaler ausfallen. Ohne Zweifel hat der ominöse Paragraph zum für das Bundesgericht überhaupt wichtigsten im gesamten schweizerischen Gesetzesurwald mutiert.

Es wäre falsch, den Schluss zu ziehen, hier würden elegant Laienbeschwerden aus dem Register gekippt. Ruft man beispielsweise die als Resultate 1 bis 50 im Jahre 2002 angezeigten Entscheide einzeln ab, entdeckt man, dass 24 der 50 Fälle fachmännisch von Anwälten vertreten worden sind. Da diese via eine exakt gleiche Ausbildung und das Studium der bundesgerichtlichen Rechtssprechung in etwa über das gleiche Wissen wie die Richter verfügen, sind sie durchaus fähig, eine Beschwerde genau so gut, wie ein Richter sein Urteil zu begründen. Dass die Bundesrichter Ebenbürtige mit schnöden Formeln abstechen, bedeutet, dass ihnen taugliche Argumente ausgegangen sind und nichts anderes mehr übrig bleibt, statt Recht Macht zu sprechen, um strikte die herrschende Ordnung und damit die Interessen der Plutokraten über die Runden zu boxen.

 

Das quod est probandum liefert uns ein beliebig herausgepflückter Fall neueren Datums. [8] Er wird vom Bundesgericht dürr wie folgt dargestellt.

 

X. reichte am 30. Dezember 1997 beim Bezirksgericht Zürich Klage gegen den Kanton Zürich ein. Er verlangte einerseits, der Kanton sei zu verpflichten, ihm eine Genugtuung von 2,6 Mio. Franken nebst Zins zu 5% seit 1. Februar 1997 zu bezahlen, und andererseits sei die Verletzung von Garantien der EMRK wegen widerrechtlichen Freiheitsentzugs sowie ungesetzlicher und unzulässiger Zwangsbehandlung festzustellen. Gleichzeitig ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes.

 

Der unbedarfte Leser denkt automatisch, hier hat wohl wieder so ein Spinner seiner Wut, in einer psychiatrischen Anstalt versenkt worden zu sein, mit einer in die Klage gesetzten Phantasiesumme freien Lauf gelassen. Ganz anders sieht es aus, wenn man weiss, dass der Betroffene, welcher buchstäblich keiner Fliege je etwas zu leide getan hat, geschlagene 26 Jahre lang seiner Freiheit objektiv beraubt und ununterbrochen zwangsbehandelt worden ist. Diese unbestrittenen Tatsachen zu erwähnen, unterlässt das Bundesgericht.

 

Wohlweislich.

 

Denn wie hätte es dem staunenden Publikum ein Urteil anzudrehen vermocht, die Klage sei aussichtslos, obwohl die zuständige Vormundschaftsbehörde damals der Einweisung hätte obligatorisch zustimmen müssen, ein solche Zustimmung jedoch unterblieben ist?

 

Und wie hätte es plausibel machen können, auch die ununterbrochenen Zwangsbehandlungen liessen die Klage als aussichtslos erscheinen, nachdem es in einem anderen Fall selber festgestellt hatte, dass die untersuchte kantonale Regelung keine gesetzliche Grundlage für eine Dauerbehandlung biete? [9]

Der Katalog liesse sich beliebig erweitern. Den schlagenden Beweis, dass sich das Bundesgericht vorsätzlich taub gestellt hat, liefert die Vorinstanz, das Kassationsgericht des Kantons Zürich, welchem die genau gleichen Gründe wie dem Bundesgericht vorlagen. Es hatte sich einzeln mit ihnen auseinandergesetzt und sie folglich kapiert. [10] Selbstverständlich hat sie auch das Bundesgericht sehr wohl begriffen, es jedoch vorgezogen, sich mit seinem als Textbaustein im Computer gespeicherten praktischen Fliessbandsatz plump aus der Affäre zu stehlen.

 

Damit es auch im nächsten Jahresbericht wieder etwas zu meckern gibt. Das angestrebte Ziel ist unübersehbar. Das Bundesgericht möchte vollkommen willkürlich und frei darüber entscheiden können, was es überhaupt entscheiden will.

 

 

Was tun?

 

Die Gegenwart erweist sich als Neuauflage der Vergangenheit. Von Generation zu Generation setzt sich zuverlässig die unabänderliche menschliche Natur durch und um. Der König hat auf "Kopf ab" erkannt und als Begründung nachgeschoben: "Weil es Uns so gefällt". Korrekt wäre, Art. 90 Abs. 1 lit. b OG durch diesen Text zu ersetzen oder noch besser, das Bundesgericht abzuschaffen. Die eingesparten horrenden Summen für den aufgeblähten Apparat und die von den Geprellten in die Beschwerden investierten Millionenbeträge übersteigen mit Sicherheit die den paar Gutheissungen zu Grunde liegenden pekuniären Interessen. Meist geht es ohnehin nur um Details formeller Natur, welche an der Sache nichts ändern.

Das Jahrhundert, welches wir soeben hinter uns gebracht haben, ist u.a. mit einem - wohl gemerkt - "demokratisch" gewählten Führer als das bisher mit Abstand blutigste in die Weltgeschichte eingegangen. Wer das alles weiss, verplempert seine Zeit nicht mehr damit, nach "Menschenrechten" zu schreien. Es ist geschickter, sich haargenau auf die Realität - die Diktaturen - einzustellen. Alsbald ergeben sich die Strategien von selbst, um seine eigenen Interessen effizient gegen die Herren zu verteidigen.

 

Balkan,im Herbst 2002

 

Edmund Schönenberger

 

Mitglied der Rechtsauskunftsstelle Anwaltskollektiv, der Demokratischen JuristInnen Schweiz und

des Vereins PSYCHEX

Schafft den Europ. Gerichtshof für Menschenrechte ab !

 

 

[1Edmund Schönenberger, Nieder mit der Demokratie (http://c9c.net/ch/demokratie/)

[2]  Geschäftsbericht 2001 S. 3

[3]  a.a.O. S. 4

[4]  a.a.O. S. 18

[5]  a.a.O. S. 17

[6]  a.a.O. S. 6

[7]  Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege

[8]  BGE vom 8. Mai 2002 i.S. X. gegen Kt. ZH (5P.460/2001)

[9BGE vom 7.10.1992 i.S. O.M. gegen RR Kt. ZH (in ZBl 1993, S. 504 ff.)

[10] Beschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 7.11.2001 i.S. X. gegen Kt. ZH

 

 

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